Masterarbeit
Rudel, Marion: Albert Engstfeld. Ein Düsseldorfer Künstler in den Niederlanden und Belgien, Düsseldorf 2019 (unveröffentlichte Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
6 Fazit
Die vorliegende Arbeit hat zur Aufgabe, dem Leser verschiedene Bereiche des Künstlers Albert Engstfeld vorzustellen. Der biographische Teil kommt dieser Idee nach, gedeckt werden können die Informationen mit Daten aus der erläuterten Werkkladde. Dabei ist es jedoch hinderlich, dass diese Einträge allein im Zeitraum von 1907 bis 1925 enthält, sodass zumindest die Zeit in Brügge abgedeckt ist, über die Zeit in Sluis sowie das Gesamtwerk betreffend aber keine Aussagen gemacht werden können. Da der Künstler selbst seine Werke in den wenigsten Fällen datiert hat, konnten zu Forschungsbeginn große Erwartungen in die handschriftlichen Daten der Werkkladde gestellt werden. Im Verlauf der Untersuchung stellte sich aber immer wieder heraus, dass die eigenen Informationen des Künstlers für Außenstehende nicht gänzlich auf die Bildwerke übertragen werden können. Dabei spielten die Benennungen der Werke eine große Rolle. Es stellte sich die Frage, welcher Eintrag welchem Gemälde zugeordnet werden kann. Dies ist nur vereinzelt möglich, da Engstfeld seinen Werken weder Jahreszahlen noch Titel hinzugefügt hat und diese so nur bedingt den Einträgen in der Werkkladde zugesprochen werden können. Zusätzlich stellten die immer wiederkehrenden Motive ein und desselben Bildthemas eine Hürde dar, die eine exakte Benennung erschweren bis unmöglich machen. Nichtsdestotrotz sind viele vorgestellten Werke aufgrund ihrer Bildinhalte explizit dem niederländischen oder flämischen Schauplatz zuzuordnen. Auch wenn diese Gemälde nicht zwingend im Zeitraum des jeweiligen Aufenthaltes des Künstlers in dieser Region entstanden sein müssen, zumal bekannt ist, dass Engstfeld auf Kundenwunsch viele niederländische und belgische Motive in seine Werke nach seiner Rückkehr ins Rheinland behandelte, ist eine gewisse Tendenz zu nennen.
Seine Malweise ist eindeutig dem Impressionismus zuzuordnen, wobei er die typischen Darstellungen zu verschiedenen Jahres- und Tageszeiten sowie bei unterschiedlichen Wetterverhältnissen nicht übernahm. Zwar kopierte Engstfeld eigene Motive und nahm verschiedene Darstellungen immer wieder in seine Werke mit auf, meist behielt er aber die dargestellte Begebenheit des Wetters und der Tageszeit bei, ohne diese zu verändern, wie bei den Freilichtmalern verstärkt zu beobachten. Er stellte ein und dasselbe Motiv nicht mit verschiedenen Witterungsverhältnissen dar, sondern beschränkte sich auf wenige Veränderungen. Ferner blieb Engstfeld während der vielen Jahre seines Schaffens seinem Stil treu und schien Veränderungen zu scheuen, was verheerend für ihn im Hinblick seines mangelnden Erfolges in den Jahren nach seinen Auslandsaufenthalten gewesen sein könnte: Vermutlich hat der Maler in seiner künstlerischen Entwicklung verharrt und ist nicht dem unaufhörlichen Wandel der Zeit gefolgt. Um weiterhin erfolgreich und gewinnbringend am Kunstleben und -markt seiner Zeit teilhaben zu können, wäre möglicherweise eine permanente Weiterentwicklung seines Oeuvres unerlässlich gewesen, die sich dem ständig wechselnden Zeitgeist angepasst hätte. Betrachtet man jedoch das Gesamtwerk Albert Engstfelds ist eine recht stringente Motivik festzustellen. Obwohl seine Gemälde in der Anzahl der verschiedenen Genres vielfältig und breitgefächert aufgestellt sind, ist eine immerwährende Thematik der Werke festzustellen, häufig fertigte der Künstler sogar Kopien und eine Vielzahl von Variationen ein und derselben Ansicht an.
Als ein besonderer Interessenschwerpunkt Engstfelds kann abschließend an die vorliegende Arbeit die Architektur genannt werden. Bei Betrachtung der Interieurs kann dem Künstler hier eine besondere Genauigkeit und ein großer Detailreichtum zugesprochen werden. Bei dieser Werkgruppe, besonders im Hinblick auf die profanen Darstellungen, lassen sich nicht nur zu weniger populären Künstlern Verbindungen herstellen, sondern auch zu bedeutenden Künstlern der Goldenen Zeit in den Niederlanden, wie zu den Alltagsszenen Jan Vermeers sowie den Raumdarstellungen von Pieter de Hooch.
Jedoch stellte Engstfeld in seinen Innenraumszenen, im Vergleich zu den niederländischen Malern des Goldenen Zeitalters, keine Geschichten des Alltags dar, er beschränkte sich meist auf eine Person. Er verzichtete auf symbolische Elemente und Stillleben innerhalb seiner Werke. Auf seinen Bildern sind keine typisch holländischen Wirtshausszenen zu finden, aber auch keine ärmlichen Bauernhausszenen, wie sie gerne von Malern der Düsseldorfer Malerschule gezeigt wurden. Statt karger Stuben stellte er bürgerliche Innenräume dar, die nicht von Armut der Bewohner zeugen. Zu erklären lässt sich dies mit seiner Lebensweise im Ausland: Das Haus Dreydorffs in Sluis war keinesfalls bescheiden, sondern überaus komfortabel.
In der folgenden Zeit in Brügge war Engstfeld weniger von dieser Begebenheit beeinflusst, er war dort nicht bei Freunden untergebracht, sondern auf sich alleine gestellt. Bei den hier entstandenen oder sich zumindest auf diese Zeit beziehenden Darstellungen lässt sich festhalten, dass es sich bei seinen Ansichten fast durchweg um helle und freundliche Ausblicke handelt, was bei seinen Zeitgenossen nicht immer der Fall ist. Nie stellte er Brügge im Regen dar, geschweige denn ließ er sich von der tristen Stimmung Georges Rodenbachs beeinflussen, dessen Roman Das tote Brügge sich in seinem Besitz befand. Die Abbildungen aus diesem Band schienen ihn zwar zu animieren, einige Ansichten der Stadt finden sich nahezu exakt in seinen Werken wieder. Obwohl er auf seinen Gemälden nur wenige Personen darstellte und, abgesehen von den Marktdarstellungen, auf Menschenmassen verzichtete, erzeugen seine Werke keine gedämpfte Atmosphäre.
Seine Werke, die Orte im flämischen Brügge zeigen, lassen sich mit heutigen Fotografien von Städtereisenden vergleichen: einige Motive hat er immer wieder in seine Bilder aufgenommen, viele Ecken der Stadt sind auch heute noch bekannte Touristenorte.
Albert Engstfeld war ein vielfältiger Maler, der stark von seiner Ausbildung an der Düsseldorfer Kunstakademie geprägt war. Seine Motive sind breit gefächert, er hatte ein großes Interesse für viele verschiedene Genres, wobei er seiner Malweise und Motivik stets treu blieb.